Samstag, 23. Mai 2009

Nachrichten aus Obersachsen

Nachdem die Landesgrenze überschritten ist, gilt es umzusteigen aus dem Schnellzug in den Bummelzug (der wirklich noch einer ist in dieser Zeit, in der sonst die Nahverkehrszüge pünktlicher zu sein pflegen als die Schnellzüge). Binnen einer Stunde – nicht seekrankwerden! er pendelt – erreiche ich die kleine Großstadt tief im Landesinneren.
Der vielgeschmähte Dialekt ist keineswegs unangenehm – im Westen Deutschlands, vom Quintfall bei Köln an südwärts, gibt es viel Heftigeres –; es ist zu hören, daß hier deutschsprachige Slaven reden. Dem westfälischen Ohr ist er ungewohnt, anfangs fast unverständlich – ich therapiere oft im Blindflug. Aber die menschliche Atmosphäre ist angenehm; ich denke, hier läßt es sich leben.

Das Land ist arm, viele sind westwärts geflohen; viele Wohnungen sind frei. Das ist aber für den Immigranten nicht nur von Vorteil; leerstehende, verfallende Häuser und Lücken, die in die Bebauung gerissen sind, tun dem Straßenbild nicht gut. So hoffe ich, daß die leerstehenden Häuser in unserer unmittelbaren Nachbarschaft – es ist eigentlich ein sehr schöner Platz – renoviert, nicht abgerissen werden.
Aber die Stadt ist lebendig; in der kurzen Zeit dort habe ich schon bemerkenswerte Veranstaltungen erlebt. So bietet uns die «Neue jüdische Kammerphilharmonie» ein Festkonzert, ganz ohne Fest dazu, das doch diesen Namen verdient. Neben Herschel und Mendelssohn wird vom mir bisher unbekannten Marc Lavry «An den Flüssen Babylons» gespielt – modern, aber wirklich Musik, nicht Donaueschingen: Streicher vermögen hier wirklich den Psalm in seiner furchtbaren Kraft wiederzugeben (werde ich zu pathetisch? man gestatte es mir einmal, es war wirklich ein großartiges Musikerlebnis).

Zwei Berichte noch aus örtlichen Kirchen:

Eine abwechslungsreiche Vesper

60er-Jahre-Revival

1 Kommentar:

Stanislaus hat gesagt…

Schön Peregrinus, daß es Dir in Deiner neuen Heimat gefällt!

Bedenke, daß das Kreuz, vor dem ich nahezu täglich bete, aus dem Keller der von Dir genannten Propsteikirche stammt. Der damalige Propst, der heute Bischof eines Resterzbistums ist, hat es mir geschenkt.

Damals (1998) gab es dort noch kein Hostienumschichten.